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Der Tanz um die Bewerbungen – eine Manöverkritik von Personalexperte Wollziefer

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Martin Wollziefer, Chef der Personalberatung SW Recht & Personal, analysiert die Bewerbersuche der Unternehmen, dümmliche Auswahlkriterien, sinnlose Fragebögen und behördenmässige Abläufe – ein Gastbeitrag

Martin Wollziefer, Chef der Personalberatung SW Recht & Personal

Martin Wollziefer, Chef der Personalberatung SW Recht & Personal

Um Bewerbungen wird in den meisten Unternehmen, von Ratgeber-Schreibern oder besorgten Freunden, Verwandten und wohlmeinenden Beratern der Agentur für Arbeit sowie natürlich den Bewerbern selbst auf allen Kanälen ein großer Tanz veranstaltet. Doch leider haben nicht alle Tänzer einen Tanzkurs mit Erfolg absolviert.

 

Was ich konkret meine:

Ich beginne bei den Unternehmen. Einerseits beklagen sie Fachkräftemangel, andererseits halten viele Unternehmen an einem recht veralteten Bewerbungs- und Auswahlverfahren fest.

 

Fehlerfreie Lebensläufe als Garant für passende Bewerber? Welcher Unfug

Für Unternehmen sollte beim Recruiting im Vordergrund stehen, die passenden Bewerber und somit auch künftigen Mitarbeiter zu finden. Das funktioniert aber heute sicher nicht über Bewerbungsportale und eine Auswahl, die sich nur an der Perfektion und Fehlerfreiheit von Lebensläufen orientiert. Und schon gar nicht an Noten aus Schule oder Studium.

Für den weit blickenden Personaler ist die Gretchenfrage: „Wer hat sich eigentlich nicht auf die Anzeige beworben?“
So manch guter Kandidat hat einfach keine Lust, sich durch teils unnütze Fragebögen eines Onlinetools zu quälen, sondern möchte einfach gefunden und angesprochen werden.

 

Die Bewerber, die herkömmliche Wege mitgehen – sind die ideal?

Das bedeutet konkret: Nicht der künftige Mitarbeiter bewirbt sich beim Unternehmen, sondern das Unternehmen beim Mitarbeiter. Und wenn das Unternehmen das nicht auf die Reihe bekommt, dann bleibt halt nur die Auswahl aus den Bewerbern, die den herkömmlichen Weg mitgehen. Das müssen aber nicht immer die besten und geeignetesten sein. Außerdem: in Zukunft werden immer weniger Bewerber auf Anzeigen reagieren und Bewerbungstools bedienen wollen.

 

Wenn die Fische die Köder auswerfen

Oder im Bild: Bewerbungsportale und Stellenanzeigen sind wie Fischernetze. Nur: Die Fische entscheiden hier aktiv, ob sie überhaupt in das Netz genau dieses Fischers hinein schwimmen wollen.
Mehr und mehr legen die Fische selber Köder aus. In XING, in Blogs, durch gute Kontakte. Und wer da nicht nach schnappt, der bekommt vielleicht die besten oder passendsten nicht.

 

Fragliche Kriterien…

Wer dann noch seine Auswahl auf Noten oder Fehlerfreiheit in den Unterlagen stützt, der betreibt die Auswahl zudem nach fraglichen Kriterien. Inwieweit diese Kriterien mit dem beruflichen Erfolg oder den tatsächlichen benötigten Fähigkeiten korrelieren, wissen gute Personaler eigentlich ganz genau: Zu wenig, um darauf eine Auswahl zu stützen.

 

…sortieren die Falschen aus

Auf diese Weise sortiert man nämlich schnell die falschen aus. Wieso sollte der Lebenslauf eines Biologen lückenlos und fehlerfrei sein? Wieso sollte ein Buchhalter Top-Zeugnisse haben, wenn er akkurat sein Excel beherrscht? Wieso sollen Juristen Prädikatsexamina haben? An einer Korrelation zur Intelligenz kann das jedenfalls nicht liegen. Die Korrelation ist dazu zu niedrig. Hier werden die Netze an der falschen Stelle verkleinert. Da schwimmen zu viele vorbei.

Richtig am Thema vorbei sind dann auch noch schlechte oder zu langsame Prozesse.

 

Langsame, schlechte Prozeduren

So versucht ein namhafter Großkonzern seine letzten wohlwollenden Kandidaten folgendermaßen zu vergraulen:

„Bitte wenden Sie sich dazu an den zuständigen Recruiter, Herrn Müllermeierschulze am Montag von 10:00 Uhr bis 11:00 oder am Freitag von 10:30 Uhr bis 11:30 Uhr unter der Nummer 0000000. Wir freuen uns auf ein Gespräch mit Ihnen.“

Bei der Stellenanzeige ging es um eine Tätigkeit, für die Berufserfahrung und eine akademische Ausbildung gefordert war. Mal ganz ehrlich: Wollen Sie Mitarbeiter haben, die solche Bürokratenfirmen klasse finden? Moderne Recruiter fragen, wann sie den Kandidaten anrufen dürfen. Und nicht umgekehrt.

 

Zu Martin Wollziefer www.recht-personal.de 


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